Ich bin der Meinung, Deutschland braucht mehr direkte Demokratie.

2025-12-17
Im ZDF-Interview äußerte Bundeskanzler Friedrich Merz, dass Deutschland im Rahmen europäischer Sicherheitsgarantien für die Ukraine „rus­sische Übergriffe und Angriffe erwidern“ würde – eine Aussage, die Fragen zu Deutschlands Rolle in internationalen militärischen Missionen und zur Bundeswehrbeteiligung aufwirft. Solche sicherheitspolitischen Entscheidungen haben weitreichende Konsequenzen für Frieden, Recht und die Verpflichtung Deutschlands gegenüber internationalen Partnern. Es ist nachvollzieh­bar, dass viele Menschen hierbei skeptisch sind, weil sie diese Debatten nicht aktiv mitgestalten können.
Quelle: ZDF – 16.12.2025 | 23:28
https://www.zdfheute.de/video/heute-nachrichten/merz-sicherheitsgarantien-verteidigung-100.html

Deutschland ist eine gefestigte Demokratie, doch sie steht vor wachsenden Herausforderungen: sin­kende Wahlbeteiligung, Politikverdrossenheit und das Gefühl vieler Bürgerinnen und Bürger, kaum Einfluss auf zentrale Entscheidungen zu haben. Vor diesem Hintergrund bin ich der Meinung, dass Deutschland mehr direkte Demokratie braucht. Direkte demokratische Elemente können die beste­hende Parteiendemokratie sinnvoll ergänzen und ihre Schwächen ausgleichen, ohne sie vollständig zu ersetzen.
Ein zentraler Vorteil direkter Demokratie liegt in der stärkeren Beteiligung der Bevölkerung. In der Parteiendemokratie beschränkt sich politische Mitwirkung häufig auf Wahlen alle vier Jahre. Da­zwischen treffen Abgeordnete Entscheidungen, die nicht immer dem Willen der Mehrheit entspre­chen. Volksentscheide, Bürgerbegehren oder Referenden ermöglichen es den Menschen, auch zwi­schen Wahlen aktiv an politischen Prozessen teilzunehmen. Wer direkt über Sachfragen abstimmen darf, fühlt sich ernst genommen und als Teil des politischen Systems. Dies stärkt das demokratische Bewusstsein und das Vertrauen in den Staat.
Darüber hinaus kann direkte Demokratie dazu beitragen, die Distanz zwischen Politik und Bevölke­rung zu verringern. Parteien handeln oft innerhalb strategischer Zwänge, orientieren sich an Koaliti­onslogiken oder an parteiinternen Machtverhältnissen. Dadurch entstehen Entscheidungen, die für viele Bürgerinnen und Bürger schwer nachvollziehbar sind. Direkte Demokratie zwingt politische Akteure hingegen, ihre Vorhaben klar, verständlich und überzeugend zu begründen. Politische De­batten werden transparenter, weil nicht nur Parteigremien, sondern die gesamte Bevölkerung ange­sprochen werden muss.
Ein weiterer Vorteil gegenüber der reinen Parteiendemokratie ist die Korrekturfunktion direkter De­mokratie. Wenn Parlamente Entscheidungen treffen, die von einer großen Mehrheit der Bevölke­rung abgelehnt werden, können Volksabstimmungen als demokratisches Gegengewicht wirken. Sie verhindern, dass sich politische Eliten zu stark von den Interessen der Bürger entfernen. Gerade bei grundlegenden Fragen – etwa bei Verfassungsänderungen, großen Infrastrukturprojekten oder weit­reichenden gesellschaftlichen Reformen – ist es sinnvoll, die Bevölkerung direkt einzubeziehen.
Kritiker argumentieren häufig, direkte Demokratie sei anfällig für Populismus oder emotionalisierte Entscheidungen. Dieses Risiko besteht zweifellos, doch es ist kein überzeugendes Gegenargument. Auch in der Parteiendemokratie spielen Emotionen, Wahlkampfrhetorik und populistische Verspre­chen eine große Rolle. Entscheidend ist vielmehr, wie direkte Demokratie ausgestaltet wird. Gut ge­regelte Verfahren, umfassende Informationspflichten, ausgewogene öffentliche Debatten und ange­messene Quoren können sicherstellen, dass Entscheidungen auf einer informierten Grundlage ge­troffen werden.
Zudem fördert direkte Demokratie politische Bildung. Wer über konkrete Sachfragen abstimmen soll, setzt sich intensiver mit politischen Inhalten auseinander. Anstatt Politik als abstraktes Macht­spiel der Parteien wahrzunehmen, erleben Bürgerinnen und Bürger sie als gestaltbaren Prozess. Langfristig kann dies zu einer reiferen politischen Kultur führen, in der Argumente mehr zählen als Parteizugehörigkeiten.
Abschließend lässt sich festhalten: Mehr direkte Demokratie würde die deutsche Parteiendemokra­tie nicht schwächen, sondern stärken. Sie kann Beteiligung erhöhen, Vertrauen zurückgewinnen und politische Entscheidungen legitimieren. In einer Zeit, in der viele Menschen das Gefühl haben, von der Politik nicht gehört zu werden, ist direkte Demokratie ein wichtiges Instrument, um demokrati­sche Mitbestimmung zu vertiefen und die Demokratie insgesamt lebendiger zu machen.
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Warum Deutschland seine Grundlagen verliert – und wie wir sie zurück hohlen können.
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